Braut zu verkaufen

Ein afghanisches Mädchen kämpft für seinen Traum, Rapperin zu werden.

Darf man als Regisseurin in das Geschehen eingreifen, das man eigentlich dokumentieren will? In diesem Dilemma findet sich Rokhsareh Ghaem Maghami wieder, als mitten in den Dreharbeiten über das Leben von Sonita, einer inzwischen 18-jährigen Afghanin im iranischen Exil, deren Mutter auftaucht. Sie will das Mädchen zurück nach Hause holen, um es zu verheiraten. Sie braucht das Geld, damit Sonitas Bruder sich eine Braut kaufen kann. Sonitas Wert: 9000 Dollar. Die Mutter würde sich mit einer Anzahlung von 2000 Dollar zufriedengeben und Sonita ein weiteres halbes Jahr in Ruhe lassen. Aber das House of Affection, das Zentrum für Arbeiter- und Strassenkinder, in dem Sonita lebt, kann ihr nicht helfen.

Maghami – die bis jetzt von einem eigenwilligen Mädchen erzählt hat, das davon träumt, Rapperin zu werden, das Justin-Bieber-Plakate in seinem Zimmer hängen hat und in einem selbst gebastelten Pass Michael Jackson und Rihanna als seine Eltern einträgt – muss sich jetzt entscheiden, ob sie mit dem ungeschriebenen Gesetz aller Dokumentarfilmer bricht. Sie tut es und wird damit zur Protagonistin in ihrem eigenen Film.

Die Tonalität des Films verändert sich, man bekommt jetzt als Zuschauer unmittelbar mit, wie Maghami von der Filmemacherin zu Sonitas einziger Verbündeter wird. Mit ihrer Entscheidung rettet Maghami das Mädchen. In diesem gekauften halben Jahr schafft es Sonita, wiederum mithilfe der Regisseurin, ihrem Traum ein grosses Stück näher zu kommen. Sie findet ein Studio, in dem sie ihren ersten Song aufnehmen kann, «Brides for Sale». Das grossartige Video, das sie dazu dreht und auf Youtube veröffentlicht, wird weltweit tausendfach angeklickt. Eines Tages kommt ein Anruf aus den USA. Es ist die Rede von einem Stipendium.

 

(Erschienen am 7. April im Züritipp; Bild: outnow.ch)

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