Die Netflix-Serie zum Virus
«Pandemic: How to Prevent an Outbreak» ist ein Mehrteiler über Epidemien. Er balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Aufklärung und Panikmache.
Was würde passieren, wenn sich ein Virus wie die Spanische Grippe von 1918 heute ausbreiten würde? Damals starben 25 Millionen Menschen, heute wären es «Hunderte von Millionen». Das erfährt man in «Pandemic: How to Prevent an Outbreak», einer Doku-Serie auf Netflix. Die startet ausgerechnet jetzt, wo sich die Welt vor dem Coronavirus fürchtet. – Futter für Verschwörungstheoretiker?
Solche kommen im Sechsteiler in Form von Impfgegnern vor, deren wissenschaftlich nicht belegbare Ängste vor den lebensrettenden Seren im Kontrast stehen zur Arbeit von Ärztinnen und Forschern weltweit, die den Ausbruch einer neuen Pandemie zu verhindern und bereits existierende Epidemien einzudämmen versuchen. In einem Spital in Indien wirkt der Kampf gegen die Grippe aufgrund der schieren Menge an Kranken besonders schwierig. Aber auch im ländlichen Amerika, wo Ärztemangel herrscht, wäre man mit einer Pandemie rasch überfordert. Die Serie fokussiert aber nicht bloss auf die Katastrophe, sondern stellt auch Forscherinnen und Forscher vor, die etwa an einem Universalimpfstoff gegen verschiedenste Formen des Grippevirus arbeiten.
«Pandemic» balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Aufklärung und Panikmache. Das liegt wohl in der Natur der Sache: Je mehr Risikofaktoren man kennt, desto mehr Gründe findet man, sich zu sorgen.
Dass die Serie oft überladen wirkt, liegt daran, dass sie von zahlreichen Regisseuren gemacht wurde. Aber trotz der gelegentlich ausfransenden Handlung bleibt der Anspruch der US-Produktionsfirma Zero Point Zero doch deutlich erkennbar, im Zeitalter von alternativen Fakten das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken. Selbst wenn dann und wann unnötig dramatisiert wird, zeigt «Pandemic» sehr eindrücklich, wie fragil die Sicherheit ist, in der wir uns wähnen. Ein Virus wie dasjenige von 1918 könnte sich heute, wo so viel gereist wird, innerhalb von vier Monaten um den Globus verbreiten. Vorläufig ist die Natur noch stärker als der Mensch.
Erschienen am 30. Januar 2019 auf nzzas.ch
(Bild: Netflix)