GAME OVER

Der letzte Teil der «Hunger Games» ist zum Glück besser als sein Vorgänger: sehr düster und unerwartet politisch.

Wer weiss noch, wie der dritte Teil von «Hunger Games» aufgehört hat? Wahrscheinlich niemand. Der Film war so schlecht. Es empfiehlt sich darum, sich diesen Schluss nochmals anzuschauen, denn Teil 4 knüpft ohne Umschweife ans Ende des Vorgängers an: bei der von Peeta (Josh Hutcherson) fast erwürgten Katniss Everdeen (Jennifer ­Lawrence). Ihre letzte Mission führt die Heldin in der schwarzen Rüstung dann zum Capitol. Sie will Panem vor dem Untergang bewahren und darum Präsident Snow ­(Donald Sutherland) töten. Mit ihren ­eng­s­­ten Mitstreitern macht sie sich auf den Weg, auf dem Unmengen töd­licher Fallen lauern. Diese gewaltsamen Zwischenfälle bremsen zwar die Handlung, sind aber von einer irritierend faszinierenden Ästhetik. Und manchmal unfreiwillig komisch:

Die Szene, in der Katniss’ Truppe im Kanalisationssystem von alienähnlichen Wesen angegriffen wird, ist so kunstvoll choreografiert, dass man bei den Gestalten unweigerlich an in glibberige Kostüme gesteckte Tänzer denken muss.

Der Film beginnt sehr gemächlich. Als die Handlung endlich Fahrt aufnimmt, verfällt er einer unnötigen Hektik. Er ist für einen Teenagerfilm untypisch düster und angesichts dessen, was in den letzten ­Monaten in Europa und dem Nahen Osten geschehen ist, unerwartet politisch. All jene, die in Katniss Everdeen die Inkarnation eines ­modernen Feminismus gesehen haben, werden vom Schluss – zurückhaltend ausgedrückt – überrascht sein.

«Hunger Games» ist einer der ersten Filme, die man sich in den Zürcher Arena-Kinos unter neuen Bedingungen anschauen kann. In 4-DX. Das heisst auf Sesseln, die einen durchrütteln und einem in den Rücken boxen. Aus der Rückenlehne des vorderen Sitznachbarn wabern einem Gerüche entgegen oder sprüht einem fein zerstäubtes Wasser ins Gesicht. Man soll sich die Feuchtigkeit und den Gestank in der Kanalisation, die Schläge, die Katniss und ihre Kollegen einstecken, nicht mehr nur vorstellen müssen, sondern sie miterleben. Winddüsen blasen einem die Haare in die Augen, die Nebelwölkchen sehen eher süss als bedrohlich aus. Das Gerüttel und Gepuste mag lustig sein, lenkt aber vom Film ab. Je flüssiger die Szenen geschnitten sind, desto unbeholfener wirkt die Technik. Wer kein gutes Gleichgewichtsorgan hat, sollte eine Kotztüte mitbringen. Oder sich den Film in einem Saal anschauen, wo die Sessel keine Bocksprünge machen.

 

Erschienen im Züritipp am 17. November.

(Bild: classicalite.com)

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