Kandidat untauglich!

«Achtung, fertig, WK!», die neue Armee- Komödie von Oliver Rihs, wurde als der erwachsene Nachfolger von «Achtung, fertig, Charlie» angekündigt. Der Film ist infantil.

Kompanie, abtreten! Die ganze Crew, abtreten. Bitte! – Das denkt man mehr als einmal während dieser immer länger werdenden 99 Minuten, die «Achtung, fertig, WK!» dauert. Besonders dann, wenn sich die Kampfzone in Oliver Rihs’ Armee-Komödie statt hinaus aufs Feld immer tiefer hinab unter die Gürtellinie bewegt: Wachtmeister Weiss (Martin Rapold) ordnet ein Abhärtungstraining an mit Chilisauce in der Unterhose. Soldat Bärtschi vergeht sich in der Küche an einem rohen Poulet. Ein asiatischer Kampffisch beisst sich an Soldat JoJos bestem Stück fest, als er sich im Whirlpool mit ein paar Prostituierten vergnügt.

Je länger der Film dauert, desto plumper werden die Gags und desto mehr wirkt er wie eine Aneinanderreihung von bemüht lustigen Szenen – die allesamt auch in seinem Vorgänger «Achtung, fertig, Charlie!» (2003) hätten vorkommen können. Ausser dass sie noch derber, noch peinlicher sind.

Wie schon vor zehn Jahren muss auch diesmal wieder ein Mann gegen seinen Willen ins Militär einrücken. Auch er würde sich besser um seine Freundin kümmern, wenn er nicht die grosse Beziehungskrise riskieren will. Vor zehn Jahren holten sie einen jungen Bräutigam vom Altar weg in die Kaserne, jetzt muss der Yogalehrer und Frauenversteher Alex Stüssi (Matthias Britschgi) einrücken. Er und seine Anna (Liliane Amuat) bekommen bald ihr erstes Kind und brauchen deshalb eine grössere Wohnung. Weil sie keine finden, will Annas Vater, Kommandant Reiker (Marco Rima), ihnen sein leerstehendes Häuschen überlassen. Unter der Bedingung, «dass dein Yogibär in den WK kommt». Reikers Plan: Alex soll ihm dabei helfen, seine marode Kompanie auf Vordermann zu bringen. Sie könnte sonst geplanten Einsparungen zum Opfer fallen. Natürlich wird die Truppe, irgendwann angeführt von Soldat Stüssi, den Oberst Reiker vor der Schmach bewahren.

So lernt diesmal also ein werdender Vater die temporär tiefgehende Kameradschaft unter Soldaten kennen und lieben. Dabei ist es ihm egal, dass seine Kameraden, alle von noch unbekannten Schauspielern oder Laien verkörpert, statt an erwachsene Männer eher an quengelige Kinder erinnern, deren Welt sich vor allem um ihr Geschlechtsteil dreht. Der Kampf gegen die imaginären Feinde der Schweizer Armee macht dem Pazifisten irgendwann Spass, und auch auf die Wette um das erste Nacktfoto von der heissen Kameradin (Sira Topic) lässt er sich ein. Wer «Achtung, fertig, Charlie!» gesehen hat, ahnt, dass das wieder zu Sex in der Küche führt.

Oliver Rihs, gelernter Grafiker und seit 1999 Regisseur, sagte im Vorfeld, er habe einen «erwachseneren Film» machen wollen als «Achtung, fertig, Charlie!». Einen Film, der noch mehr wage als sein Vorgänger. Aber während «Charlie» noch einen gewissen naiven Charme besass, ist «Achtung, fertig, WK!», der angeblich Probleme von erwachsenen Männern behandeln will, vor allem eins: infantil. Das erstaunt, denn das Drehbuch stammt von Güzin Kar, einer Frau, die sonst Filme macht, die man sehen will. Ihre Figuren sind nicht klamaukig, sondern lustig. Sie reden nicht in Plattitüden, sondern treten in intelligenten Dialogen gegen- und miteinander an.

Er habe sich dem «brisanten Thema Schweizer Armee annähern» wollen, sagte Rihs. Aber statt sich Themen anzunehmen, die zuletzt für Kontroversen gesorgt haben und über die man gerne lachen würde – die immensen Kosten für nicht funktionierende Informatiksysteme oder die Gripen-Debatte –, bedient er lieber das Klischee vom WK als Ferienlager für Ehemänner. Verglichen mit Rihs’ Film besass die Aussage eines französischen Generalrats neulich mehr Brisanz: Als unsere Armee Krieg gegen einen französischen Splitterstaat spielte, sagte er, es wäre besser für die Glaubwürdigkeit der Schweizer Armee, wenn sie sich mit Bedrohungen des 21. Jahrhunderts beschäftigen würde.

«Achtung, fertig, WK!» ist ein banaler Film von zwei eigentlich Talentierten: Güzin Kars Filme und Kolumnen sind intelligent, lustig, aktuell. «Schwarze Schafe», der letzte Film von Rihs, ist ein liebevoll-satirisches, aus überspitzt dargestellten Alltagssituationen zusammengesetztes Ekelstück über die Unterschicht in Berlin, der Wahlheimat des 42-jährigen Schweizers. Dieser Film ist mutig und geistreich. Ein viel erwachsenerer Film als «Achtung, fertig, WK!».

 

Erschienen am 20. Oktober 2013 in der NZZ am Sonntag

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