Sie ist die Pokerkönigin

«Molly's Game», das Regiedebut von Aaron Sorkin, erzählt rasant und wortgewaltig von einer ehemaligen Skifahrerin, die für die reichsten Männer der Welt illegale Pokerspiele organisiert. Das geht so lange gut, bis sich das FBI einschaltet.

Als «Molly’s Game» Anfang Oktober am Zurich Film Festival gezeigt wurde, war Harvey Weinstein noch der grosse Produzent, und #MeToo war kein Thema, obwohl es den Hashtag schon seit zehn Jahren gab. Also war Aaron Sorkins Regiedebüt einfach ein spannender, rasanter und wortgewaltiger Film, beruhend auf dem Leben der ausserordentlich intelligenten, attraktiven und ehrgeizigen Molly Bloom, gespielt von Jessica Chastain: Die Skiakrobatin trainiert für die Olympischen Spiele, bis ein brutaler Sturz diesem Traum ein Ende setzt.

Um Geld zu verdienen, steigt Molly dann ins Pokerbusiness ein – und dank ihrem unternehmerischen Talent rasch zur Kaiserin der Pokerwelt auf. An den von ihr organisierten illegalen Spielen in luxuriöser statt zwielichtiger Umgebung nehmen bald die reichsten Männer der Welt teil, Russenmafia inklusive. Das geht so lange gut, bis sich das FBI einschaltet.

Heute nun, wo seit dem Weinstein-Skandal täglich über sexualisierte Gewalt gesprochen wird und dank #MeToo eine Sensibilisierung für das Thema stattfindet, die einen auch als Frau betrifft, wirkt Sorkins Regiedebüt beinahe prophetisch. Denn der Film handelt von weiblicher Stärke und Selbstermächtigung, worüber zu reden jetzt auf einmal selbstverständlich geworden ist. Jessica Chastain sagte es in einem Interview mit dem «Hollywood Reporter» so: «Aaron Sorkin hat einen Film gemacht über das Patriarchat, und zwar in Bezug auf Familie, Wirtschaft und staatliche Obrigkeiten. Er erzählt davon, was Frauen auf sich nehmen müssen, um in einer Welt klarzukommen, wo Männer die Regeln machen.» Sorkin geht das Thema zum Glück mit Humor an. Er karikiert Männlichkeitsrituale, indem er Molly als sexy, aber nicht als Beute zeigt und die Spieler darum einander statt ihr gegenüber ihre Potenz beweisen lässt: Jeder will jeden übertrumpfen.

Es gibt wenige Regisseure, die eine Frau als den Männern ebenbürtig oder gar überlegen zeigen, ohne zugleich anzudeuten, dass sie deswegen unbequem und unweiblich ist. Darum sind die Figur Molly und ihr Erschaffer Sorkin Vorbilder.
 
 
(Erschienen in «Frame», dem Filmmagazin der «NZZ am Sonntag», am 25. Februar 2018. Bild: Outnow.ch)

Zurück