Wie Kirchen systematisch Frauen unterdrücken

Es ist einer der wichtigsten Dokumentarfilme unserer Zeit: «#Female Pleasure». Die Schweizerin Barbara Miller erklärt darin schockierend gut, wie Religion und Frauenhass zusammenhängen.

Es heisst, das sei das Wort Gottes», sagt die Autorin Deborah Feldman in die Kamera. «Dabei sind es die Worte von Männern.» Feldman, aufgewachsen in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde, ist eine von fünf Protagonistinnen in «#Female Pleasure».

Der Dokumentarfilm der Schweizerin Barbara Miller erklärt schockierend gut und ohne didaktisch zu sein, wie Frauenhass und Religion zusammenhängen. Christen, Juden, Hindus, Buddhisten und Moslems glauben zwar an verschiedene Götter, Fundamentalisten unter ihnen haben aber eine Gemeinsamkeit: Angst vor dem weiblichen Körper und vor allem der weiblichen Sexualität.

Miller zitiert Passagen aus heiligen Schriften – den mächtigsten Schriften der Welt – die begründen, warum Frauen minderwertige Menschen sind, unterdrückt werden dürfen und ihren sündigen Körper bedeckt halten müssen. Die Regisseurin lässt in ihrem Film Frauen zu Wort kommen, die sich schreibend oder als Aktivistinnen mit Diskriminierung befassen.

Die Deutsche Doris Wagner, ehemalige Nonne, hat der Kirche den Rücken gekehrt, nachdem sie mehrfach von einem Priester vergewaltigt worden war, aber von niemandem Hilfe bekam. Die in England aufgewachsene Somalierin Leyla Hussein kämpft gegen Beschneidung von Mädchen, die in der Kultur ihrer Eltern so tief verankert ist.

Die japanische Künstlerin Rokudenashiko wurde verhaftet, weil sie aus Abdrücken ihrer Vulva Kunst macht. Die indische Menschenrechtsaktivistin Vithika Yadav betreibt mit ihrer Website «Love Matters» Aufklärungsarbeit in ihrer Heimat, wo es so viele Vergewaltigungen gibt, wie wohl nirgendwo sonst auf der Welt.

«#Female Pleasure» ist einer der wichtigsten Dokumentarfilme unserer Zeit, weil er zeigt, dass hinter #MeToo viel mehr steckt als das vermeintliche Gejammer von frustrierten Feministinnen. Ohne die Bewegung zu thematisieren, macht der Film verständlich, warum diese global eine solche Kraft entwickelt hat, und trägt selber dazu bei, dass die seit Jahrhunderten überfällige Diskussion um Frauenhass und sexualisierte Gewalt weitergeht.

 

(Erschienen in "Frame" am 23. September 2018.)