Helfen an der Grenze - Tag 2

Es läuft. Aber noch nicht nach Plan.

Sonntag, 11. Oktober

Das letzte Auto unserer Karawane kam gestern Nacht um drei bei der Jugendherberge in Zagreb an. Genug geschlafen hat niemand, obwohl wir es dringend nötig gehabt hätten. Wer weiss, was uns die kommenden Tage und Nächte erwarten wird.

Sitzung morgens um acht: Selma und Anja haben die Nacht mit Organisieren statt Schlafen verbracht. Selma erklärt uns jetzt: Wir müssen uns aufteilen. Punktuell helfen. Die Tankstelle, wie sie geplant war, können wir nicht aufbauen. Eine Gruppe soll für eine Guerilla-Aktion an die serbisch-kroatische Grenze fahren: Essen verteilen, einen notdürftigen Unterstand bauen wegen des Regens. Eine zweite Gruppe soll in Botovo, Kroatien, eine Gruppe von Freiwilligen aus dem Ort unterstützen: Essen verteilen, den Flüchtlingen, die dort in einen Zug Richtung Norden steigen, durchs Zugfenster Notfallpakete zustecken. Eine dritte Gruppe fährt an die österreichisch-ungarische Grenze nach Hegyeshalom. Dort können wir eine verkleinerte Tankstelle aufbauen. – Chaos bricht aus. Wie sollen 60 Leute in einer Stunde neu gruppiert, Material sinnvoll umgeladen werden? Manche warten ab, manche sind übereifrig, sie meinen es zu gut. Tatsächlich: Nach einer Stunde sind die Gruppen eingeteilt, die Waren neu sortiert. Es geht los. Es sind alle sichtlich angespannt. Als wir in Nickelsdorf nahe der ungarischen Grenze ein letztes Mal halten, kommt der letzte unserer Karawane mit der Nachricht an: Die Ungaren haben die Grenze dicht gemacht! Bullen überall! Aber Anja hat Kontakte. Sie heckt bereits etwas aus.

 

Erschienen im Blick am 12. Oktober 2015. 

Tag 3